Connection is key. – PART 2: Conflict
Warum gerade jetzt? Inciting Event, Notwendigkeit und Konflikt des Helden. oder: Was heißt «zu wenig Konflikt »?
Wenn eine Geschichte nicht funktioniert, liegt das schlicht daran, dass sie dem Autor noch nicht klar genug ist.
Martin Thau von der HFF München hat für seine Studenten drei Fragen formuliert, die man klar beantworten können sollte, wenn man wirklich weiß, was man erzählen will:
– Wer will was von wem?
– Warum gerade jetzt?
– Was passiert, wenn er’s nicht bekommt?
Ich möchte euch in dieser Serie nahe bringen, was sich hinter diesen Fragen versteckt.
Warum gerade jetzt?
oder: Was heißt «zu wenig Konflikt »?
Konflikt heißt nicht streiten. Sondern streiten müssen.
Wenn der Held oder sein Gegenspieler jederzeit einfach weggehen könnten, dann haben sie keinen Konflikt miteinander.
Damit Protagonist und Antagonist nicht aneinander « vorbei streiten » müssen sie notwendig füreinander sein. Sie müssen nachvollziehbar glauben, dass sie ihr jeweiliges Problem nur mit oder gegeneinander lösen können.
Das heißt sie müssen in Beziehung miteinander stehen, oder zumindest irgendwie miteinander in Bezug gebracht werden und so zusammen die zentrale Beziehung der Geschichte bilden. Entweder sie gehen diese Beziehung natürlich von sich aus ein (Liebe, Familie), oder der Autor muss der Beziehung « künstlich » durch die Situation (Inciting Event, Verknappung des Raums und der Fluchtmöglichkeiten) oder ein gemeinsam begehrtes Objekt (MacGuffin) glaubhafte Notwendigkeit verleihen.
Erst diese Notwendigkeit macht den Konflikt. Die Welt ist weit. Echte Konflikte brauchen Begrenzungen, um die gestritten wird.
Für echte Konflikte, muss man seinen Helden und seinen « Bösewicht », also in einen Raum einsperren und den Schlüssel wegwerfen. Wenn man als Autor geschickt ist, kann man das den Bösewicht erledigen lassen.
Warum also gerade jetzt? Das Auslösende Ereignis (Inciting Event) muss die Welt des Helden erschüttern. Ihm also klar machen, dass es so nicht weitergehen kann und er noch nicht hat was er eigentlich will. Im Idealfall ist es bereits die erste (indirekte) Attacke des Antagonisten auf die Schwäche des Helden und macht ihn so bereits langsam auf sie aufmerksam.
In jedem Fall “begrenzt sich das Spielfeld” durch das auslösende Ereignis. Die Handlung fokussiert sich: Auf eine Beziehung, einen Gegenstand, einen Raum oder Zeitpunkt.
Der Held beginnt zu glauben zu wissen, was er braucht und will. Er kann zunächst noch zögern (Reluctant Hero), aber sobald er es sichtbar deklariert, das heißt: das Spielfeld betritt und Kontakt mit dem Antagonisten aufnimmt, gibt es kein Zurück mehr. (Plot Point One / Lock In) Sonst wäre er nicht der Held dieser Geschichte.
Warum gerade jetzt? stellt also nicht wirklich die Frage nach dem auslösenden Ereignis, einer Handlung oder einem Zeitpunkt, sondern will wissen warum der Konflikt der Geschichte tatsächlich unausweichlich ist und was ihn konkret notwendig und so erst zum « echten Konflikt » macht. Es ist eher die Frage nach der Verbindung des Helden mit diesem Inciting Event und warum es in ihm so notwendigerweise etwas auslöst. Und ihn dadurch hin zur Beziehung mit seinem Antagonisten führt, die die Geschichte in Folge definieren wird.
Connection is key. Menschen sind Beziehungswesen. Deshalb liegt der Schlüssel zu gutem Storytelling in den Beziehungen des Helden und was sie ihm bedeuten. Erst durch diese Beziehungen wird die Geschichte menschlich und ihr Konflikt notwendig.
– Jerry